Antworten der Bundestagskandidaten auf unsere Forderungen
Liebe/r Bundestagskandidat:in 2021,
schon vor der Überschwemmungskatastrophe ist mittlerweile den meisten Menschen klar geworden, dass die überholte Verkehrspolitik, das Klima, die Luft und Meere schädigt sowie die Menschen krank macht.
Die Erderwärmung ist kaum noch zu stoppen, daher sind in naher Zukunft radikale Änderungen auch im Verkehr erforderlich, wenn unser Kinder noch eine Chance haben sollen!
Changing Cities und der ADFC NRW sind davon überzeugt, dass die Zukunft dem Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr gehören muss und dass sich auch in Deutschland mit einer konsequenten und vorrangigen Förderung des Radverkehrs Wahlen gewinnen lassen.
Die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ sowie allein elf Radentscheide in Nordrhein-Westfalen sind ein Beleg dafür, dass immer mehr Menschen mit der aktuellen Verkehrspolitik nicht mehr zufrieden sind.
Die vier Forderungen des ADFC mit der #TourDeVerkehrswende an die nächste Bundesregierung:
Vorrang des Umweltverbunds: grundlegende Flächenumverteilung mit Ausbau des ÖPNV und des bundesweiten Fuß- und Radverkehrsnetzes. Ziel: 25% Radverkehrsanteil 2030
Klare, konsequente und sofortige Maßnahmen zur deutlichen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs (MIV). Ziel: Halbierung der Anzahl der Kfz bis 2030
Sofortiger und konsequenter Abbau der finanziellen, steuerlichen und gesetzlichen Privilegien für den MIV
Moratorium für den Bundesverkehrswegeplan
Die Antworten in alphabetischer Reihenfolge:
CDU / Dr. Stefan Nacke
Zu 1.
Das Anliegen der CDU ist, dass Menschen so mobil sein sollen, wie sie möchten – individuell, flexibel und umweltfreundlich. Gerade in ländlichen Regionen benötigt es aber einen individuellen und flexiblen Mix der Verkehrsangebote. Darüber hinaus muss unbedingt dafür Sorge getragen werden, dass auch Ältere und körperlich eingeschränkte...
Zu 2.
Statt auf Verbote und feste Quoten setzt die CDU in der Verkehrspolitik auf Vernetzung und Digitalisierung von Mobilitätsformen. Attraktive Verkehrskonzepte umfassen eine echte Verzahnung zwischen motorisiertem Individualverkehr und dem ÖPNV. So wollen wir z.B. Mobilitätsstationen entlang wichtiger Infrastruktur entstehen lassen und durch...
Zu 3.
Viele Menschen, gerade in ländlichen Regionen, benötigen den MIV zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes. Statt diesen Menschen Verbote und höhere Belastungen aufzubürden, setzen wir auf Innovation, um eine nachhaltige Mobilität der Zukunft zu gestalten. So werden wir Ideen und Innovationen nutzen, um MIV und ÖPNV zu...
Zu 4.
Deutschland braucht gute Straßen, Schienen und Wasserwege, die für Mobilität, wirtschaftliches Wachstum und persönliche Freiheit sorgen. Auch hier halte ich Verbote und Verzögerungen für keinen gangbaren Weg. Ich begrüße vielmehr innovative Konzepte wie den nationalen Radverkehrsplan 3.0, der zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern...
FDP / Klaus Kretzer
Zu 1.
In Münster haben wir bereits einen Radverkehrsanteil von 43,5% - bundesweit sind es erst 11%. Das Ziel ist sehr ehrgeizig, gerade in ländlichen Gebieten werden dem Radverkehr teils natürliche Grenzen gesetzt. Dennoch unterstütze ich die Verfolgung dieses Ziels.
Zu 2.
Das verkehrs- und klimapolitische Ziel sollte nicht in der Reduzierung der Kfz, sondern in der (deutlichen) Reduzierung der Treibhausgasemissionen der Flotte liegen. Forderungen in diese Richtung unterstützen wir.
Zu 3.
Den Abbau von Subventionen unterstützen wir in allen Gebieten. Manche „Privilegien“, bspw. die Pendlerpauschale, halten wir aber für gerechtfertigt. Diese wollen wir nicht streichen.
Zu 4.
Die Kritik am derzeitigen Entwurf fällt deutlich aus: Regionale Schienenprojekte und Bahnalternativen zu Straßen werden nicht berücksichtigt, 11 von 12 eigenen Umweltzielen der Regierung verfehlt. Das Moratorium unterstütze ich deshalb.
GRÜNE / Maria Klein-Schmeink
Zu 1.
Die Verkehrswende ist längst überfällig. Wir wollen dem Fuß- und Radverkehr mehr Raum geben und die Nutzung des ÖPNV attraktiver machen. Konkret fordern wir mehr Radstellplätze, bessere Radwege und Taktverdichtungen im ÖPNV. Insofern kann ich der Aussage nur zustimmen.
Zu 2.
Der Autoverkehr muss reduziert und emissionsfrei werden. Dazu wollen wir ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos zulassen und bis dahin 15 Mio. Verbrenner durch E-Autos ersetzen. Gleichzeitig stärken wir die Alternativen für einen leichteren Umstieg: Es braucht bessere Anbindungen im ÖPNV und eine attraktivere Radinfrastruktur.
Zu 3.
Das Auto wird für viele weiterhin wichtig sein, aber es gilt die Alternativen zu stärken. Wir wollen die einseitige Bevorzugung des Autos beenden und stattdessen eine zeitgemäße Balance der Verkehrsträger schaffen. Die Verkehrswende gelingt nur mit einer starken Bahn, einem modernen ÖPNV und attraktiven Bedingungen für Rad- und Fußverkehr.
Zu 4.
Alle nicht im Bau befindlichen sowie besonders umweltschädliche Straßenbauprojekte aus dem Bundesverkehrswegeplan gehören einer Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung unterzogen. Bis zum Abschluss dieser Untersuchung dürfen keine irreversiblen Fakten geschaffen werden. Den Bundesverkehrswegeplan wollen wir zudem grundsätzlich durch...
LINKE / Kira Sawilla
Zu 1.
Die sozialökologische Verkehrswende ist eins unser zentralen Ziele. Wir fordern ausgebauten, kostenfreien und barrierefreien ÖPNV, ein bundesweites Radwegenetz, autofreie Innenstädte, demokratisierte Verkehrsplanung und bessere Arbeitsbedingungen.
Zu 2.
Niemand soll auf das Auto angewiesen sein. Darum wollen wir ausgebauten, kostenfreien und barrierefreien ÖPNV, keinen weiteren Bau von Autobahnen, eine Mobilitätsgarantie auf dem Land, mehr Radwege und sozialökologischen Umbau der Autoindustrie.
Zu 3.
Wir setzen uns ein für den Ausstieg aus Verbrennungsmotoren, Tempolimits auf allen Straßen, das Ende des steuerlichen Dienstwagenprivilegs und demokratische Einbeziehung von Bürger*innen bei allen Verkehrsprojekten sowie Vorrang von Fahrrad und ÖPNV.
Zu 4.
Wir wollen einen neuen Verkehrswegeplan für die sozialökologische Mobilitätswende. Der schienengebundene Personen- und Güterverkehr soll im Mittelpunkt stehen und Beihilfen des Bundes sollen nicht für Straßen Neu- und Ausbauprojekte genutzt werden.
ÖDP / Alina Möller
Zu 1.
Die ÖDP steht für einen flächendeckenden und konsequenten Ausbau sicherer Rad- und Fußinfrastruktur. Klimafreundliche Modalformen müssen priorisiert werden, der ÖPNV muss zuverlässig, kostengünstig und auch zu Randzeiten flächendeckend verfügbar sein.
Zu 2.
Flächendeckendes Tempo 30 in Städten, attraktiver ÖPNV (Metrobusse, Stadtbahnen), anziehende Radschnellwege und intuitive Intermodalität, Stopp des Aus- und Neubaus von Straßen, keine stille Subventionierung des MIV, Umverteilung des Verkehrsraums.
Zu 3.
Ab 2025 sollen keine Verbrenner mehr zugelassen werden dürfen. Der MIV muss die vollen Kosten für Infrastruktur und externe Effekte aufbringen (z. B. Mikroplastik). Kein Dienstwagenprivileg. Steuerliche Anreize auf den Umweltverbund umverteilen.
Zu 4.
Ein Bundesverkehrswegeplan, der immer noch das automobile Zeitalter repräsentiert, ist ein Plan in die Vergangenheit: Wir brauchen keine neuen Autobahnen und Fernstraßen, sondern mehr Platz für Rad, Fuß, Bahn und ÖPNV für die Klimaneutralität 2030.
SPD / Svenja Schulze
Zu 1.
Das Fahrrad ist das Kernstück der Verkehrswende in den Städten. Es muss mehr Platz im Straßenraum für sicheren und komfortablen Radverkehrsanlagen geben. Förderprogramme und ein geändertes Straßenverkehrsrecht werden das ermöglichen.
Zu 2.
Die SPD wird einen Mobilitätsplan 2030 auf den Weg bringen, der den ÖPNV und den Schienenverkehr stärkt. Die Mobilität der Zukunft ist nachhaltig, bezahlbar, barrierefrei und verlässlich, damit immer mehr Bürger*innen umsteigen können. Die SPD will eine klimaneutrale Mobilität für alle.
Zu 3.
Die SPD will das Mobilitätsangebot vom Fahrrad über das Carsharing bis hin zu Bus und Bahn in der gesamten Breite verbessern, damit jede*r für das individuelle Mobilitätsbedürfnis das geeignete, umweltfreundliche Verkehrsmittel findet. Klima- und umweltschädliche Subventionen werden wir abbauen.
Zu 4.
Ich bin für einen Bundesmobilitätsplan der dafür den richtigen Rahmen gibt und bin deshalb auch für ein Moratorium für den Bundesverkehrswegeplan.
VOLT / Carina Beckmann
Zu 1.
Ich stehe für den starken Ausbau des ÖPNV, Fuß- und Radverkehrs wie in Helsinki/ Kopenhagen. Wir fordern einen starken Umweltverbund für flächensparende Raumplanung und bundesweite Dienstgeber- /Verkehrserreger-Abgaben zur kommunalen Finanzierung.
Zu 2.
Volts Ziel lautet “Connecting Europe” - Nah- und Fernverkehr mit flexiblen Mobilitätslösungen zu kombinieren. Wir bieten Alternativen zu KFZ und Flug mit einem Bundesaufgabenträger für Schiene, Trassenausbau, Tarif-Vereinheitlichung und Deutschlandtakt.
Zu 3.
,... indem wir nach CO2-Intensität und Nutzungsverhalten differenzierte Straßennutzungsgebühren einführen und die Energiesteuer auf Kraftstoffe reformieren: Die Kfz-Steuer muss die je Pkw-Klasse anzusetzenden Wege- und Umweltkosten wiedergeben.
Zu 4.
Ja, ich bin gegen den weiteren Autobahnausbau. Wir fordern die Fortentwicklung des BVWP zum integrierten Bundesmobilitätsplan, der alle überregionalen Verkehrsträger (Straße, Schiene, Schiff, bundesweiter Flughafenplanung und Luftverkehr) umfasst.
Hinweis der Redaktion:
Wir haben den Kandidaten die Vorgabe gemacht, ihre Antworten auf 250 Zeichen & Ziffern zu beschränken. Damit wollten wir erreichen, das der Text lesbar bleibt und die Politiker sich auf das Wesentliche beschränken. Leider gab es doch wieder längere Antworten. Wir haben uns daher darauf verständigt, max. vier Zeilen zu jeder Frage abzudrucken, was ungefähr 300 Ziff. & Zeichen entspricht. Wir werden auch die Langfassung nicht auf unsere Website setzen, weil das eine Schlechterstellung für die Kandidaten bedeutet, die sich an die Vorgaben gehalten haben.
Peter Wolter